Neue Gesichter hinter alten Balken
Von Abschied, Aufbruch und zwei Menschen, die Taubenheim für sich entdecken wollen.
Manchmal bringt das Leben zwei Geschichten zusammen, die auf den ersten Blick gar nichts miteinander zu tun haben – und plötzlich passt alles.
Unser altes Fachwerkhaus in Taubenheim bekommt neue Bewohner: Susan Helbig und Michael Bader. Zwei Menschen, die wie wir an einem Wendepunkt stehen.
Susan hat nach fast fünfunddreißig Jahren ihr Hotel in Dresden verkauft, Michael ist mit seiner Leidenschaft für Zigarren, Spirituosen und Events weit über die Stadt hinaus bekannt und steck derzeit einen Schicksalsschlag weg, der ihm den Wert seiner Lebenszeit mit allem Nachdruck vor Augen geführt hat.
Seit wir uns kennengelernt haben, ging alles erstaunlich schnell. Micha kam neulich mit seiner Harley vorbei, wir haben zusammen gegrillt, und inzwischen stehen schon die ersten Kisten hier. Susan bringt uns ihre äußerst leckere Marmelade vorbei und hat fast immer etwas gekocht oder gebacken, wenn sie uns besuchen kommt.
Die beiden werden nicht nur unser Haus übernehmen, sondern auch unsere gesamten Möbel und die Einrichtung – und sogar unsere drei Katzen, wenn wir im Oktober auf Weltreise gehen.
Es fühlt sich gut an zu wissen, dass unser Haus in gute Hände kommt. Und damit auch ihr die beiden ein bisschen kennenlernen könnt, haben wir ihnen ein paar Fragen gestellt.
Mit Micha konnten wir ein Live-Interview hier in Taubenheim machen. Susan hat uns ihre Antworten zugeschickt, da sie wenig Zeit und fast immer mit ihrem Hotel und den Gästen zu tun hatte …
Erzählt mal: Wie kam es eigentlich dazu, dass ihr euch ausgerechnet in unser Haus in Taubenheim verliebt habt?
Micha: Das fing mitten in der Nacht an. Es war der 15. auf den 16. Mai, irgendwann halb zwei. Ich sitze da mit Kaffee und Zigarillo auf dem Gästebad, scrolle durchs Handy – und sehe eure Anzeige.
Ohne groß nachzudenken habe ich sofort meine Mailadresse eingetragen und mir das Exposé vom Makler Tom schicken lassen. Ganz aus dem Bauch heraus.
Am nächsten Tag, abends um acht, kam die Mail vom Makler. Ich habe sie erst mitten in der Nacht entdeckt, wieder an derselben Stelle. Ich habe mir die Bilder angeschaut und sofort gemerkt: Da geht bei mir etwas im Kopf los.
Ich wusste aber, dass ich am nächsten Tag unterwegs sein würde – Leipzig, Termine, alles voll – also habe ich die Mail einfach an Susan weitergeleitet mit einem Smiley: „Schau dir das mal an.“
Und was macht Susan? Am Samstag schließt sie das Hotel zu und fährt hin. Ganz allein. Ist ums Haus gelaufen und ne Stunde um Taubenheim gewandert, hat sich alles angeschaut. Ich war gar nicht dabei.
Abends schreibt sie mir, dass das Haus ein Traum ist. Und am Sonntag konnte ich selbst nicht mehr stillhalten. Ich bin hochgefahren, dreimal um das Haus herumgelaufen, war in der Umgebung, habe Bilder gemacht, sogar durchs Fenster fotografiert – mehr habe ich mich nicht getraut – und wusste: Das ist es!
Ab da war das Kopfkino da. Positiv. Am selben Tag habe ich den Makler angerufen und gesagt: Bitte reservieren. Alle Termine blocken. Ich wusste ja schon, dass es viele Anfragen gab.
Zwei Wochen später, am 30. Mai um 18:30 Uhr, war endlich der Besichtigungstermin. Als wir reingekommen sind, war es vorbei. Die Liebe zum Detail, die Lage, der Blick – das Haus strahlt Herzblut aus. Da war alles klar.
Wisst ihr noch, was euch beim allerersten Betreten durch den Kopf ging?
Susan: Genau so habe ich mir den Traum vom Wohnen immer vorgestellt. Viel Holz, große Räume, Luft zum Atmen. Ich wäre aber auch mit einem Tiny Haus am See oder im Wald glücklich. Hauptsache es hat diesen gewissen Zauber, diese gute Energie, die ich hier sofort gespürt habe.
Micha: Das war ein Wahnsinnsmoment. Wir sind damals mit dem Makler hier durchgegangen, ihr wart ja nicht dabei. Es war der 30. Mai, abends um halb sieben, also schon fast zwei Wochen nachdem wir das erste Mal ums Haus geschlichen waren.
Und dann gehst du durch die Tür – und plötzlich macht alles auf. Ich stand einfach nur da und habe geguckt. Dieses Haus, das Grundstück, die Luft hier oben, der Blick, die Ruhe. Das war für mich wie ein anderer Ort, ein anderes Leben.
Drinnen war es dann noch stärker. Man merkt in jedem Winkel, dass da jemand mit Herzblut gearbeitet hat. Da ist nichts lieblos hingestellt.
Überall steckt Liebe zum Detail drin. Es gibt diese Perfektion in den kleinen Sachen – und gleichzeitig strahlt alles Wärme und Persönlichkeit aus. Ich hab sofort gespürt: Hier hat jemand seine ganze Leidenschaft reingesteckt.
Und dann dieser Blick aus den Fenstern. Für mich ist das unglaublich wichtig. Ich brauche Weite, Luft und Licht.
Ich habe in Dresden auch immer Dachgeschosswohnungen gehabt, damit ich weit schauen kann. Wenn ich dort am Fenster stehe, sehe ich den ganzen Heller bis hoch und selbst die Lichter von der neuen Baustelle.
Und hier in Taubenheim ist es noch mal anders. Du schaust raus und hast dieses Gefühl von Weite, fast wie am Meer. Ich liebe das.
Und natürlich diese Terrasse. Für mich ist draußen sein das Größte. Ich brauche Platz zum Rumlaufen, zum Werkeln, zum Basteln. Ich bin jemand, der alte Sachen liebt, der restauriert und sich an solchen Dingen festbeißt.
Als ich das gesehen habe, war sofort klar: Hier kann ich mir genau das aufbauen.
Als wir an diesem Abend wieder draußen standen, war mir klar: Ich habe mich schon vorher im Kopf verliebt, in die Vorstellung. Aber in dem Moment, wo wir hier drin waren, ist der Schalter endgültig umgelegt worden.
Gab es diesen einen Moment, an dem ihr wusstet: „Ja, das ist unser nächstes Kapitel“?
Susan: Der war am 17. Mai diesen Jahres. Micha hat mir den Link zum Exposé geschickt und ich war schockverliebt. Ich hab sofort gewusst: Das ist es!
Ich hatte ja noch mein Hotel im Kopf, all die Verantwortung, den Brandschutz, diese riesigen Investitionen, die auf uns zukommen sollten. Jahrelang war das wie ein Blockadebalken im Kopf; man denkt, man muss das weitermachen, weil es eben so ist.
Micha: Ja, den gab es. Für mich war das eindeutig die Besichtigung, die den letzten Stein ins Rollen gebracht hat. Vorher hatten wir schon dieses Gefühl – du kennst das, Schmetterlinge im Bauch, wenn man sich in etwas verliebt.
Schon als ich nachts die Bilder gesehen habe, war mir klar: Das könnte was sein.
Dann dieses Herumgeschleiche ums Haus am Sonntag, die Aufregung, das Kopfkino. Aber richtig gefallen ist der Schalter erst, als wir am 30. Mai abends hier reingekommen sind.
In dem Moment war mir alles andere egal. Da war kein „Vielleicht“ mehr, keine Abwägung. Es war einfach nur dieses Gefühl: Hier beginnt etwas Neues.
Ich weiß noch genau, wie wir durchs Haus gegangen sind und wie diese Gewissheit immer größer wurde. Am Ende war es fast schon 100 Prozent. Die letzten paar Promille waren nur noch vernünftige Fragen wie: Bekommen wir das finanziell hin? Schaffen wir die Veränderung?
Innerlich war die Entscheidung längst gefallen. Es war so, als wäre ein Riegel aufgegangen.
Aber in diesem Moment hier, an diesem Abend, war diese Sperre plötzlich weg. Das war wie ein Schlüssel, der ein Schloss öffnet, und plötzlich siehst du den Weg klar vor dir.
Wenn man euch so zuhört, klingt das nach einem bewussten Schnitt im Leben. Lasst uns einmal zurückschauen: Ihr habt beide eine lange und sehr unterschiedliche berufliche Reise hinter euch. Wenn ihr auf diese Jahre zurückschaut: Was nehmt ihr mit – und was lasst ihr bewusst hinter euch?
Susan: 35 Jahre ein Hotel zu leiten sind eine verdammt lange Zeit. Wir werden ganz bewusst das Hamsterrad verlassen und endlich durchatmen können.
Micha: Da fange ich mal mit dem an, was wir hinter uns lassen wollen. Es ist dieses Hamsterrad, in dem wir so lange gesteckt haben. Immer verfügbar, immer im Kopf dabei.
Dreihundertfünfundsechzig Tage im Jahr, sieben Tage die Woche, ohne Pause. Kein Urlaub, kaum Freizeit. Das Hotel hat unser Leben bestimmt, und mit den Jahren wurde es immer schwerer, da rauszukommen.
Dazu kamen die ganzen Auflagen und Investitionen, die immer größer wurden. Brandschutzkonzepte, Genehmigungen. Ein Millionenbetrag, den man in ein Gebäude stecken muss, das trotzdem nie ganz fertig ist.
Irgendwann merkst du: Wenn du nicht aufpasst, frisst dich das auf. Und wir haben beide gespürt, dass wir das nicht mehr wollen.
Was wir mitnehmen, ist etwas ganz anderes. Diese Lebensart, die wir uns im Hotel und in meinem Cigar-Refugium erarbeitet haben.
Ich habe unten im Keller etwas geschaffen, das einmalig ist: ein Ort voller Geschichten. Jeder Raum dort erzählt eine. Meine Kunden lieben es! Ich weiß noch nicht, wie ich es ihnen mitteile, dass dieses Kleinod irgendwann umzieht.
Und dieses Gefühl, etwas mit den eigenen Händen aufzubauen und zum Leben zu bringen – das wollen wir mitnehmen.
Wir haben über die Jahre auch gelernt, wie wichtig Begegnungen sind.
Menschen kommen zu uns, manchmal seit zehn, fünfzehn Jahren, und fühlen sich wie zu Hause. Die kommen nicht nur wegen einer Zigarre oder eines Whiskys, die kommen, weil sie wissen, dass sie dort einen Ort haben, an dem sie ankommen können.
Dieses Gefühl, einen Ort mit Leben zu füllen, ohne viele Worte machen zu müssen – das wollen wir auch in Taubenheim wieder schaffen.
Gab es in eurem Leben einen Wendepunkt, der alles verändert hat?
Susan: Der Kredit fürs Hotel war endlich vollständig getilgt. Jetzt hätte ich aber einen neuen, sehr hohen Kredit aufnehmen müssen, um das Brandschutzkonzept umzusetzen. Das hieße, nochmal weitere 15 Jahre jeden Tag 12 Stunden durcharbeiten …
Warum? Für wen? Das hat meine Einstellung grundlegend verändert.
Micha: Ja, den gab es. Es war 2021, als mir mein Arzt nach einer Darmspiegelung sagte, dass da etwas ist. Am Ende hieß es Krebs. Danach folgten OPs, Chemo, immer wieder Kontrolltermine. Und immer diese Frage im Hinterkopf: Wie viel Zeit habe ich noch?
Später, im September 2024, kam noch die Lunge ins Spiel. Metastasen. Da sitzt du plötzlich da und hörst Sätze wie: „Fünf Prozent Überlebenschance.“
In so einem Moment schaltet sich etwas in dir um.
Und dann gibt es da etwas, das sich durch alles zieht: der Wert von Zeit. Ich weiß, wie schnell alles vorbei sein kann.
Das hat alles verändert. Du fängst an zu begreifen, dass Geld ersetzbar ist, Besitz auch, aber Zeit nicht. Du kannst keinen einzigen Tag zurückholen.
Und wenn du einmal erlebt hast, wie knapp das werden kann, dann ändert das dein ganzes Denken.
Ich kann heute nicht mehr stundenlang in einem Wartezimmer sitzen oder Dinge tun, die mir nichts bedeuten. Ich habe keine Geduld mehr für das, was mich bremst oder aufhält.
Ich war damals voller Pläne – und plötzlich siehst du, wie brüchig alles ist. OP, Chemo, Bestrahlung – das volle Programm. Ich habe alles durchgezogen, ohne Garantie, dass es reicht.
Und doch war da dieser Gedanke: Wenn ich hier wieder rauskomme, dann fange ich anders an zu leben. Ich verschwende keine Zeit mehr.
Seitdem ist Zeit für mich das höchste Gut. Vor Geld, vor allem.
Ich kann es nicht mehr ertragen, sinnlos zu warten oder mich mit Dingen aufzuhalten, die mich nicht weiterbringen. Ich merke das selbst bei Kleinigkeiten: Wenn ich merke, dass mir jemand meine Zeit stiehlt, gehe ich oder mache irgendetwas anderes.
Michael, du bist bekannt für Zigarren, Spirituosen und Entertainment. Was hat dich an dieser Welt immer am meisten fasziniert?
Micha: Das ist ein langer Weg gewesen, der ganz woanders angefangen hat.
Eigentlich komme ich aus der Energiewirtschaft, aus einem sehr strukturierten kaufmännischen Umfeld. Ich habe in Stuttgart gearbeitet, Einkauf, Logistik, SAP‑Einführung.
Ich war mittendrin in dieser Konzernwelt mit klaren Prozessen, Zielvorgaben, Hierarchien. Alles ordentlich.
Aber in mir drin war immer auch etwas anderes – ich wollte gestalten, etwas Eigenes aufbauen.
Nach der Wende bin ich auf eigenen Wunsch nach Dresden gewechselt, habe hier weitergearbeitet und ein gutes Stück Karriere gemacht.
Aber irgendwann kam der Punkt, wo diese Konzernstrukturen für mich immer enger wurden. Es wurde Politik, immer mehr Druck, Berater, McKinsey. Und irgendwann habe ich gemerkt: Ich will das nicht mehr. Ich brauche Freiheit.
Als dann eine Umstrukturierung kam, habe ich die Gelegenheit genutzt, mich freistellen zu lassen.
Plötzlich hatte ich Zeit. Und da kam das, was mich eigentlich immer schon gereizt hatte, an die Oberfläche: Veranstaltungen mit Genuss, Begegnung, diese Welt der Zigarren, des guten Essens, des Whiskys. Von 2006 bis 2018 habe ich dann die Genuß-Lounge am Dresdner Semperopernball präsentiert. Über 10 Jahre Stadtfest direkt auf dem Dresdner Neumarkt.
Was mich daran fasziniert, ist nicht nur das Produkt an sich, sondern die Kultur, das Verbindende zwischen den Menschen, das dahintersteht.
Zigarren – das ist Ruhe. Du nimmst dir Zeit, du entschleunigst. Und Rum und Whisky begleitet das.
Ich habe angefangen, kleine Veranstaltungen zu machen, Tastings, Abende mit Musik. Daraus ist über die Jahre etwas Eigenes gewachsen.
Ich habe mir im Hotel einen Raum geschaffen, den es so nur einmal gibt. Ein Cigar-Refugium. Dort gibt es keine Hektik, keinen Lärm, keine Eile.
Menschen kommen dorthin, um abzuschalten und zu genießen, um miteinander ins Gespräch zu kommen, um Geschichten zu teilen.
Ich kenne fast jeden Gast nicht nur beim Namen. Viele sind Sammler, echte Liebhaber. Sie kommen von weit her und wir verbringen Zeit miteinander.
Ich glaube, das ist der Kern meiner Faszination: Ich verbinde Genuss mit Begegnung. Zigarren, Spirituosen, Musik – das sind nur die Mittel.
Das Eigentliche ist dieser Moment, in dem man die Zeit anhält und sich aufeinander einlässt.
Susan, wenn du an die Zeit mit dem Hotel denkst: Gibt es eine Begegnung oder eine Geschichte, die dich nie losgelassen hat?
Susan: Es sind eher die vielen kleinen Begegnungen. Zum einen Stammgäste, die schon seit vielen Jahren immer zu uns kommen. Zum anderen auch Fremde, die sich sofort wohlgefühlt haben.
Allein in den letzten 5 Jahre gab es Begegnungen mit Herzensmenschen, an die ich gern zurückdenke. Namen werden natürlich nicht genannt …
Aus dieser Welt voller Menschen, Tempo und Stadtleben zieht es euch nun aufs Land. Was hat euch das Leben in der Stadt gelehrt – und was erhofft ihr euch jetzt von einem Leben in Taubenheim?
Susan: Dresden ist jetzt nicht die typische, hektische Großstadt. Das immer häufiger zu hörende Tatütata hat allerdings schon mein Nervenkostüm strapaziert.
Vor etwa einem halben Jahr hatte ich mal den Wunsch geäußert, aufs Land in einen kleinen Bauernhof zu ziehen, mein eigenes Gemüse anzubauen und Wachteln zu züchten …
Micha: Man muss dazu sagen: Auch in Dresden habe ich schon immer versucht, mir Inseln zu schaffen.
Meine Wohnung liegt am Stadtrand, gleich hinter der Feuerwehr in Dresden-Übigau, also weit genug weg vom Trubel.
Und selbst unser Hotel – das liegt ruhig, am westlichen Rand der Stadt. Viele Gäste verschlafen bei uns ihre Termine, weil sie die Ruhe gar nicht gewöhnt sind. Aber am Ende bleibt es trotzdem Stadt. Da ist immer Bewegung, immer Geräusche, immer ein gewisser Druck.
Was ich in all den Jahren in der Stadt gelernt habe, sind zwei Dinge. Erstens: Wie wichtig es ist, sich seinen eigenen Raum zu schaffen. Einen Ort, an dem man aufatmet. Ohne so einen Rückzugsort hältst du den ständigen Lärm und die ständige Verfügbarkeit nicht aus.
Und zweitens: Ich habe gelernt, wie sehr mir das Ländliche fehlt.
Meine Wurzeln liegen ja nicht in der Stadt. Mein Großvater stammt von der Schwäbischen Alb – alles Bauern, Schmiede, Menschen, die vom Land kommen. Mein Vater - ein Stuttgarter - hat in seiner Kindheit während des zweiten Weltkrieges viele Jahre dort gelebt.
Meine Mutter aus dem Holzland in Thüringen. Als Kind habe ich meine Sommer oft auf dem Hof meiner Großeltern verbracht, im Heu geschlafen, mit den Kühen gearbeitet. Ich war immer lieber draußen. Für mich war das Dorfleben Freiheit.
Die Stadt hat mir viel gegeben: Kontakte, Geschäft, Vielfalt. Aber sie hat mir auch gezeigt, was ich nicht mehr möchte. Dieses ständige Funktionieren, diese schnelllebige Dynamik einer Großstadt. Ich sehne mich nach etwas anderem.
Was ich mir von Taubenheim erhoffe?
Dass es wieder mehr Raum gibt. Luft, Licht, Weite. Dass ich morgens aus der Tür trete und erst einmal nichts höre außer Vogelstimmen. Dass ich wieder in Kontakt komme mit den Menschen, die deswegen gerne hier leben. Nicht nur oberflächlich, sondern wirklich.
Ich mag es, mich einzubringen, ein Teil einer Gemeinschaft zu sein. Ob das am Ende bedeutet, dass ich bei der Feuerwehr helfe oder dem Nachbar beim Holz machen – das wird sich zeigen.
Und für Susan bedeutet es etwas anderes. Sie kommt nicht vom Land, sie hat keine Wurzeln hier. Aber über ihr früheres Reithobby kennt sie diese Gegend schon lange. Und sie sehnt sich danach, rauszukommen aus dem Trott, in dem wir die letzten Jahrzehnte gesteckt haben.
Was bedeutet es euch, jetzt nicht nur ein Haus, sondern ein Stück Geschichte zu übernehmen?
Susan: Wir werden für einen kleinen Wimpernschlag die Geschichte weiterleben und ein kleines bisschen mitgestalten. In 100 Jahren wird sich niemand mehr an euch oder an uns erinnern. Da übernehmen dann wieder andere Menschen die Geschichte und schreiben sie weiter …
Micha: Als wir das erste Mal durch das Haus gegangen sind, hat mich sofort beeindruckt, wie viel Herzblut hier drinsteckt.
Du spürst an jeder Ecke, dass hier jemand richtig Arbeit reingesteckt hat. Das ist nicht einfach hingestellt oder oberflächlich gemacht worden. Da sind viele Dinge mit Liebe zum Detail gemacht, mit Leidenschaft, und das überträgt sich sofort.
Man merkt es auch draußen: die Lage, der Blick, die Luft. Ich habe es ja schon gesagt, ich brauche Luft, Licht, Weite. Wenn ich hier aus den Fenstern schaue, ist das fast wie am Meer. Das ist für mich unglaublich wertvoll.
Und ich glaube, genau das bedeutet es für uns: ein Stück zu übernehmen, das so voller Liebe und Arbeit steckt, und es weiterzuführen. So dass man es nicht kaputtmacht, sondern das Beste daran erhält.
Viele Menschen träumen von einem Neuanfang, trauen sich aber nicht. Was hat euch den Mut gegeben, diesen Schritt zu gehen?
Susan: 30 km westwärts zu ziehen erfordert nicht unbedingt Mut.
Die Voraussetzung für den Traum ist, dass Ihr den Mut habt, ein paar tausend Kilometer wegzuziehen. Dank glücklicher Fügung haben wir Euch hier gefunden.
Micha: Ehrlich gesagt: Es war weniger Mut als ein Fluss, der auf einmal losging. Wir haben gar nicht lange geplant, dass wir jetzt aufs Land ziehen und alles verändern. Es hat sich einfach ergeben.
Ich kenne in Dresden viele Leute aus der Immobilienwelt – kleine und große. Auch einige, die selber bauen, investieren, Hotels entwickeln. Und irgendwann, über Gespräche, über die Whisky-Veranstaltungen, kam das Thema auf, dass wir vielleicht das Hotel abgeben.
Das war nie öffentlich, das wusste kaum jemand, nicht einmal die Nachbarn. Aber ich habe es zwei, drei Leuten erzählt. Und ab da fing sich etwas an zu drehen.
Dann kam euer Haus. Erst dieser Klick mitten in der Nacht beim Durchscrollen. Dann Susan, die gleich hingefahren ist, sich alles angeschaut hat. Dann der Sonntag, als ich selbst um das Haus geschlichen bin.
Und von da an rollte das wie von allein. Plötzlich passte alles zusammen.
Und weißt du, was dann passiert ist? Die ganzen Blockaden, die ich vorher im Kopf hatte – das Hotel, die Verantwortung, die Angst, dass man etwas falsch macht – die sind gefallen. Es war, als ob jemand den Schalter umlegt.
Natürlich steckt da auch unsere Geschichte dahinter. Meine Krankheit, das Wissen, dass die Zeit begrenzt ist. Ich habe einfach keine Lust mehr, mich aufzuhalten mit Dingen, die mir nichts bedeuten.
Und deshalb war der Schritt nicht schwer. Er war logisch.
Lasst uns über euer neues Zuhause reden. Ein altes Fachwerkhaus bedeutet ja nicht nur Romantik. Worauf freut ihr euch bei der Gestaltung am meisten?
Susan: Etwas mit den eigenen Händen zu schaffen, das nachhaltig ist und für eine gewisse Zeit bleibt.
Micha: Auf alles! Ich bin jemand, der nie still sitzen kann. Für mich gibt es nichts Schöneres, als mit den Händen etwas zu tun. Ich kann nicht einfach irgendwo sitzen, eine Zigarre rauchen und in die Luft gucken. Wenn ich einen Pinsel oder eine Kelle sehe, geht das sofort los.
So war es auch im Hotelkeller: Drei Jahre habe ich dort gearbeitet, Stück für Stück. Immer wenn ich eigentlich Pause machen wollte, habe ich mir einen Mörtel angerührt und weitergemacht.
Und genau so wird es hier sein. Ich mache gern zehn Dinge gleichzeitig. Wenn ich beim Basteln bin und sehe, dass draußen der Rasen hoch ist, hole ich den Rasenmäher. Oder wenn die Heckenschere rumliegt, dann schneide ich zwischendurch noch schnell was.
Das Haus, das Grundstück hier ist für mich wie ein riesiger Spielplatz. Es wird immer viel zu tun geben, und das ist genau das, was mich reizt. Ich freue mich darauf, die Ecken zu entdecken, Dinge weiterzuführen, die angefangen wurden. Nicht mit dem Druck, alles auf einmal fertig zu haben, sondern Stück für Stück.
Natürlich wird das nicht bedeuten, dass wir alles sofort aufgeben. Unsere Stadtwohnung in Dresden wird es in dieser Form noch eine Weile geben, vielleicht zwei Jahre. Aber das Herz, das zieht schon hierher.
Und die ersten, die endgültig umziehen, sind wahrscheinlich unsere Katzen Paula, Alesio und Quannah.
Gibt es drei Dinge, die ihr unbedingt so lassen wollt, wie sie sind – und etwas, das ihr von Grund auf verändern möchtet?
Susan: Das Haus ist perfekt, wie es ist. Wir werden nahtlos dort weiterbauen und vervollständigen, wo Ihr aufgehört habt.
Für den Garten hätte ich aber drei Dinge. Ich wünsche mir einen kleinen Gemüsegarten, ein Gewächshaus und unglaublich viele Blumen!
Micha: An der Grundstruktur des Hauses möchte ich eigentlich nichts verändern. Das, was ihr hier aufgebaut habt, das trägt eure Handschrift. Und die wollen wir nicht kaputt machen.
Mir geht es mehr darum, Dinge weiterzuführen, die vielleicht noch nicht ganz fertig sind.
Was ich unbedingt lassen will, ist erstens die Art, wie das Haus sich öffnet – diese Räume, diese Blickachsen. Zweitens der Charakter des Hauses: dieses Alte, Gewachsene. Und drittens die Art, wie ihr das Gelände eingebunden habt. Das ist so stimmig, das würde ich nicht antasten.
Was ich gern verändern oder ergänzen möchte, liegt eher außerhalb. Ich habe den Blick immer auch auf das, was hier noch rundherum liegt. Wenn da die Bauarbeiten anfangen, habe ich schon Pläne, wie ich diese Flächen später nutzen oder mitgestalten könnte. Nicht, um hier alles umzukrempeln, sondern um es sinnvoll zu ergänzen.
Wir werden die nächsten Jahre sowieso viel zwischen hier und Dresden pendeln. Aber Stück für Stück will ich mich hier richtig reinfuchsen, und dann wächst das mit der Zeit weiter.
Habt ihr schon im Kopf, wie der erste Winter hier aussehen wird?
Susan: Haha, ja. Micha ist der Meinung, es wird über 3 Monate ein halber Meter Schnee liegen und wir sind von der Außenwelt abgeschnitten. Wir benötigen dringend noch Langlauf-Ski. Einen Schlitten haben wir schon.
Micha: Ich glaube, der erste Winter wird für uns noch eine Mischung sein. Wir werden sicher viel Zeit hier verbringen, aber auch immer wieder runter nach Dresden fahren, allein schon wegen der umfangreichen Beräumung des Hotels.
Ich habe dort noch meine Stadtwohnung, und ich brauche auch mein Cigar-Refugium und meine Kunden. Deshalb wird es erstmal ein Hin und Her geben.
Aber eines ist mir jetzt schon klar: Hier oben wird es ruhiger. Ich freue mich schon darauf, morgens rauszugehen, wenn es frisch geschneit hat und der erste Schneemann auf der Wiese steht.
Einfach Stille. Keine Straße, kein Stadtlärm – nur weiße Felder.
Und wir haben schon Pläne, was wir ausprobieren wollen. Wenn genug Schnee liegt, hole ich mir definitiv Langlaufski. Das ist etwas, das ich schon immer machen wollte, aber bisher nie konnte. Einfach die Spur ziehen, quer über die Wiesen, über die Hügel und die Weite genießen.
Welches Bild habt ihr, wenn ihr an die nächsten Jahre denkt?
Susan: Wunsch Nummer eins sollte schon dieses Jahr in Erfüllung gehen: Eine geglückte Vergesellschaftung von Euren und unseren Katzen. Die dann zusammen als „Gang“ vom Feld wiederkommen, jede mit ner Maus im Maul.
Micha: Wenn ich an die nächsten Jahre denke, dann sehe ich hunderte Bilder. Es ist wie ein Film, der schon abläuft, obwohl wir noch gar nicht hier wohnen.
Ich sehe Susan im Garten, wie sie ihre Beete anlegt, Gemüse pflanzt, Blumen setzt. Ich sehe die Obstbäume, die langsam größer werden.
Ich sehe auch das Netzwerk, das sich hier entwickelt.
Ich bin jemand, der nicht lange allein bleibt. Ich kenne das schon aus Dresden: Kaum bin ich irgendwo, bin ich im Gespräch, helfe irgendwo mit, bringe mich ein.
Das wird hier genauso sein. Ob es nun Nachbarn sind, die mir mit einem Anhänger helfen oder mit einer Maschine, oder ob ich mich selbst irgendwo einbringe – das ergibt sich fast von selbst.
Und ich sehe, wie sich alles weiterentwickelt.
Drüben auf der anderen Seite, wo jetzt noch der Flachbau steht, wird sich in den nächsten Jahren einiges tun. Ich sehe schon vor mir, wie da neue Häuser entstehen und wir das Ganze begleiten. Da wird ein kleiner Mikrokosmos entstehen, den wir mitgestalten.
Aber vor allem sehe ich etwas anderes: dass wir in Ruhe ankommen. Keine Hektik mehr, kein Muss. Wir bauen uns hier etwas auf, das einfach zu uns passt. Und wir lassen es wachsen, so wie es kommt.
Gibt es ein Lieblingsstück, das auf keinen Fall fehlen darf, wenn ihr einzieht?
Micha: Ja, Musik. Musik der 20er bis 50er Jahre - gespielt auf einem der Original-Schellacks auf einem meiner fast 40 Grammophone. Das ist für mich wie Luft. Ich brauche sie, um mich wohlzufühlen. Ich stelle mir vor, dass hier Musik läuft, ohne dass man merkt, woher sie kommt. Nicht laut, nicht aufdringlich – eher wie ein Raum, in dem du plötzlich spürst, dass etwas mitschwingt.
Ich habe über die Jahre so viele Sachen gesammelt. Grammophone, alte Lautsprecher, kleine Satellitenboxen, alles Mögliche. Das ist für mich nicht einfach Technik, das sind Erinnerungen. Die nehme ich alle mit.
Und dann gibt es natürlich noch viele Stücke aus dem Refugium. Bilder, alte Aufnahmen von Dresden, Möbel, kleine Dinge, die ich über Jahre zusammengetragen habe. Die wechseln bei mir auch, ich stelle oft um, nehme mal was weg, hänge etwas Neues auf. Aber sie müssen da sein, weil sie Teil meines Lebens sind.
Ich glaube, das macht ein Zuhause für mich aus: dass ich Dinge um mich habe, die uns eine Geschichte erzählen.
Und jetzt ein bisschen persönlicher: Wenn ihr einen perfekten Sommerabend im Garten malt – wer sitzt mit euch am Tisch? (Ihr dürft euch jeden Menschen wünschen, lebend oder tot.)
Susan: Da denke ich an niemand Bestimmten. Es sollten auf alle Fälle alte Seelen sein, die sich selbst nicht so wichtig nehmen.
Micha: Da sehe ich als Erstes enge Freunde. Menschen, die uns schon seit Jahren begleiten. Unsere Räuchermädels, wie wir sie nennen – Freunde, die zu unserem kleinen Kreis gehören und mit denen wir so viele Abende verbracht haben.
Solche Menschen, die man anrufen kann, wenn man mal eine Maschine oder einen Anhänger braucht und die dann einfach da sind.
Meine Geschwister sehe ich auch. Die wohnen weit weg, und es ist schwierig, dass wir alle hier zusammenkommen, aber für diesen Abend wären sie da. Meine Schwester Marion mit ihren Mann Markus, mein Bruder Stefan mit seiner Frau Karin und meinen Nichten Lilli und Luisa – und wir sitzen alle zusammen und reden die halbe Nacht durch.
Ich sehe uns an einem langen Tisch, alles draußen, eine kleine Feuerstelle daneben. Und im Hintergrund läuft Musik, Sinatra, Jazz, Swing. „New York, New York“ oder „My Way“. Das ist die Art von Musik, die mir sofort Tränen in die Augen treibt, weil sie mich daran erinnert, dass ich noch hier bin.
Welche Musik würde dabei laufen?
Susan: Das Zwitschern der Vögel und das Zirpen der Grillen sind an so einem Abend völlig ausreichend.
Micha: Sinatra. Immer Sinatra. The Rat Pack. Ich höre seine Stimme und sofort ist alles da: Ruhe, Wärme, ein bisschen Wehmut, aber auch diese unglaubliche Lebenslust. „My Way“ ist für mich so etwas wie ein Lebensmotto. Da steckt alles drin. Dieses Lied bringt mich sofort zum Nachdenken – und oft auch zum Weinen.
Dazu kommt Jazz, Swing, Sachen, die leicht sind, aber doch Tiefe haben. Musik, die nicht im Hintergrund dudelt, sondern den Abend trägt. Die man auch mal lauter macht, wenn man will.
Wenn ich mir das vorstelle – ein Sommerabend, draußen im Garten, 30 Leute, eine Feuerstelle, ein Glas in der Hand, und im Hintergrund läuft Musik der Golden Twenties – dann weiß ich, dass ich genau da bin, wo ich hingehöre.
Gibt es einen Geruch oder Geschmack, der für euch Heimat bedeutet?
Susan: Petrichor. Das ist der Geruch, wenn Regen auf trockene Erde fällt. Bis vor ein paar Wochen wusste ich noch nicht, dass es dafür einen Namen gibt.
Was macht euch beiden zusammen am meisten Spaß, wenn ihr einfach nur Zeit habt?
Micha: Wir haben so viele Ideen, was wir hier zusammen machen wollen.
Susan will auf jeden Fall wieder mehr mit Pferden zu tun haben. Kein eigenes Pferd, aber vielleicht eine feste Reitbeteiligung, so dass sie regelmäßig im Sattel sitzt. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich mitgehe.
Und dann gibt es noch die Sachen, die wir schon lange machen: Fahrrad fahren, rausgehen, wandern. Im Winter stelle ich mir Langlaufen vor. Wenn hier Schnee liegt, dann schnallen wir uns Ski an und ziehen einfach los über die Felder.
Wir haben uns auch vorgenommen, die Zeit zu nutzen, um die Leute hier kennenzulernen. Für mich gehört das genauso dazu wie alles andere.
Ich könnte mir vorstellen, mich bei der Feuerwehr als Unterstützer bei Veranstaltungen einzubringen, nicht als aktiver Löscher, aber so, wie ich helfen kann. Oder beim Karneval-Verein mitzumachen, einfach weil es Spaß macht und man die Leute trifft. Mal schauen …
Susan, du hast Jahrzehnte lang Menschen beherbergt. Was bedeuten Gäste für dich heute – ohne den Druck eines Hotels?
Susan: Gäste zu bewirten hat mir schon immer Spaß gemacht. Neue Rezepte ausprobieren, mit Kräutern und Gewürzen herumexperimentieren.
Ich mag es einfach, wenn sich Menschen wohlfühlen und ich etwas dazu beitragen kann.
Was möchtet ihr unseren Lesern und den Menschen hier im Ort sagen, die neugierig sind, wer hier bald wohnt?
Susan: Da hab ich noch gar nicht drüber nachgedacht. Auf alle Fälle sind wir ziemlich unkomplizierte Zeitgenossen. Und aus dem „Jedes-Wochenende-Party-Machen“ Alter sind wir auch raus.
Micha: Ich glaube, am besten beschreibt mich dieser Satz: Ich liebe das Leben, vermeide tristen Alltag, sage niemals „nie“ – geht nicht gibt’s nicht – My Way.
Für mich bedeutet das:
Lass dich nicht bremsen von Menschen, die dir sagen wollen, was geht und was nicht.
Verschwende deine Zeit nicht mit Dingen, die dir nichts bringen.
Lebe dein Leben so, dass es zu dir passt.
Trenne dich von notorisch gestrigen Menschen!
Wir freuen uns darauf, hier in Taubenheim ein neues Kapitel aufzuschlagen. Und wir freuen uns darauf, die Menschen hier kennenzulernen.
Zum Schluss schauen wir noch ein Stück nach vorn. Wenn ihr euch fünf Jahre nach vorn versetzt: Was wünscht ihr euch, dass aus diesem Haus und eurem Leben hier geworden ist?
Susan: Dieses neue Kapitel schreiben wir Absatz für Absatz. Nicht, dass es mir an Phantasie mangelt, aber zum Glück wissen wir nicht, was die Zukunft bringt.
Auf alle Fälle wünsche ich mir, dass euer Zuhause zu unserem Zuhause geworden ist.
Micha: Wieder gesund werden. Den Teufel Krebs platt machen!
Ich wünsche mir, dass wir in fünf Jahren hier wirklich angekommen sind. Dass dieses Haus uns gehört, nicht nur auf dem Papier, sondern im Herzen. Dass wir ihm unsere Handschrift geben konnten, ohne seinen Charakter zu verlieren.
Ich sehe uns dann draußen im Garten, und alles hat sich weiterentwickelt. Es wird mehr Bäume geben, mehr Beete, vielleicht ein paar Tiere, die hier dazugehören.
Und ich sehe, dass sich auch um uns herum einiges verändert hat – dass die Gebäude gegenüber fertig sind und wir gemeinsam mit den Leuten, die dort leben, etwas Neues geschaffen haben.
Für uns persönlich wünsche ich mir, dass der Alltag langsamer geworden ist. Kein Hamsterrad mehr, kein 24/7 im Kopf. Sondern ein Leben, in dem wir morgens aufstehen, gemeinsam frühstücken und das Gefühl haben: Wir sind genau da, wo wir hingehören.
Gibt es etwas, das ihr uns noch fragen wollt, bevor wir losziehen?
Micha: Ja, da gibt es etwas, das mich wirklich beschäftigt …
Ich habe mich beim ersten Besuch hier gefragt, warum ihr euch von diesem Haus trennt. Ich meine, man sieht doch, wie viel Herzblut hier drinsteckt. Da steckt so viel Arbeit, so viel Liebe, so viel Zeit drin.
Ich frage mich, ob es nur daran liegt, dass ihr raus wollt aus Deutschland, weil ihr reisen wollt, oder ob es auch andere Gründe gibt. War es irgendwann finanziell zu schwer? Gab es einen Punkt, an dem ihr gemerkt habt, dass ihr es nicht mehr weiterführen könnt?
Ich habe gesehen, dass ihr vor ein paar Jahren aufgehört habt, weiterzubauen. Irgendwo muss es dafür doch Gründe gegeben haben!
Vielleicht ist es auch nur diese Sehnsucht nach einem anderen Leben. Aber wenn man hier durchgeht, spürt man, dass das für euch mehr war als nur ein Haus. Und genau deshalb interessiert mich das:
Was bringt einen dazu, so ein Lebenswerk loszulassen?
Das ist die Frage, die ich mir stelle, während ich hier sitze und mich umschaue.
Diese Frage von Micha können wir jetzt hier nicht beantworten. Das würde diesen Newsletter sehr viel länger machen als er ohnehin schon ist. Wir werden in nächster Zeit einen eigenen Post genau dazu schreiben.
Jetzt noch - ganz kurz - zwei organisatorische Hinweise:
Der ursprünglich geplante dritte Flohmarkt am 20.09.2025 fällt aus, weil, …
Wir werden stattdessen am 27.09.2025 hier bei uns eine großes Abschlussfeier veranstalten - mit Musik, Essen und Begegnungen zwischen Menschen, die uns wichtig sind. Anja und ich haben beide am 26.09.2025 unseren allerletzten Arbeitstag. Anfang Oktober melden wir uns aus Deutschland ab - falls alles nach Plan läuft, und es sieht ganz danach aus. Danach kommt für uns nur noch Behördenkram und Einpacken. Susan und Micha werden an diesem Tag mit uns feiern. Sie geben quasi ihren Einstand in Taubenheim! Also bitte kommt reichlich und in Scharen. Wir sind dann lange weg …