Streunende Freunde
Begegnungen in Montenegro und Albanien
Vor unserem Apartment-Hotel in Montenegro begrüßen uns gleich am ersten Tag verschiedene Katzen. Schlecht sehen sie nicht aus, trotzdem machen sie den Eindruck, Hunger zu haben und schmusen um unsere Beine.
Zwei Tage später sind wir in Kotor – einer Stadt, die für ihre Katzen bekannt ist. Sie gehören hier zum Straßenbild wie die alten Stadtmauern und das Glitzern der Adria. Überall liegen sie: auf Treppenstufen, in Hauseingängen, auf alten Steinen, die sich in der Sonne aufwärmen. Manche werden gestreichelt, manche schlafen tief, andere spähen aufmerksam nach Touristen, die vielleicht etwas Essbares fallen lassen.
Wir lesen, dass Katzen in Kotor einen besonderen Stellenwert genießen, weil sie die Stadt einst vor Ratten und Mäusen beschützten. Heute sind sie so etwas wie heimliche Stadtbewohner – respektiert, gefüttert und geduldet. Sogar kleine Souvenirs und Postkarten zeigen sie: die Katzen von Kotor.
Eine von ihnen, eine kleine getigerte Katze, erinnert uns an unsere Lisbeth. Sie ist zutraulich, wartet immer vorm Hoteleingang und schnurrt um unsere Beine. Die ersten Tage füttere ich sie noch draußen, aber am letzten Abend nehmen wir sie kurzerhand mit ins Apartment und kuscheln mit ihr, bis sie sich zusammengerollt und sichtlich glücklich auf unserem Bett in den Schlaf schnurrt.


Nicht nur sie genießt die liebevolle Zuwendung, die ihr zuteil wird, sondern auch uns tut ihre Anwesenheit gut. Am liebsten würden wir sie mitnehmen, und der Abschied fällt natürlich schwer, wenn man sich einmal auf so ein Wesen eingelassen hat.
Als wir abends in Albanien ankommen und die Sachen in unsere neue Unterkunft bringen, steht plötzlich der erste Streuner neben uns. Er sieht aus wie Loris, der Hund von Freunden aus Deutschland, nur viel größer und natürlich extrem dünn.
Angst haben wir keinen Moment, denn seine Augen strahlen nur eines aus: „Ich habe Hunger, bitte gebt mir was.“ Kurzerhand greife ich zu Iras Trockenfutter und schütte ihm eine große Portion davon ins Gras.
Nachdem er alles hinunter geschlungen hat, begleitet er uns und zeigt uns, wie sehr er unsere Aufmerksamkeit genießt. Blicke sagen tatsächlich mehr als tausend Worte und es ist pure Dankbarkeit, die wir von ihm zu spüren bekommen.
Am nächsten Morgen, als ich mit Ira Gassi gehe, wartet er schon am Auto auf mich. Wir geben ihm fast die ganze Tüte Trockenfutter, die sonst für Ira einen Monat reicht – und das ist immer noch nicht genug.
Schweren Herzens lassen wir auch ihn zurück, und es dauert nicht lange, bis wir auf dem Weg zur Küste noch viele Streuner mehr am Straßenrand sehen. Es sind alles sehr große Hunde, die nur Haut und Knochen sind.
So sehr mich dieses wunderschöne Land begeistert – der Anblick der verwahrlosten Tiere lässt mich nicht los. In Deutschland neigen wir eher dazu, unsere Haustiere zu vermenschlichen. In anderen Ländern sind sie oft einfach nur Tiere – und haben nicht den Stellenwert, den wir ihnen zuschreiben.
Manchmal zeigen uns Tiere, was wir selbst vergessen: dass Zuwendung kein Luxus ist, sondern ein Grundbedürfnis. Gesehen zu werden, geliebt zu sein – mehr braucht es nicht, um die Welt für einen Moment heil zu machen.




Sehr schöner Artikel, Katzen suchen sich selbst den Ort und das
drumherum, wo sie leben wollen. Dort bleiben sie dann. Passt es ihnen nicht, ziehen sie weiter.