Abends, wenn die Luft langsam abkühlt und sich der Tag in warmem Licht auflöst, sitzen wir - wie heute - auf einer kleinen Terrasse mit Blick aufs Meer. Ein schlichter Tisch. Zwei Gläser. Abendlicht. Dunkelbraun der eine, fast schwarz der andere: Pelinkovac und Orahovac – zwei Schnäpse, die man hier auf Hvar überall bekommt.
Pelinkovac ist bitter. Herb, fast streng. Ein Kräuterlikör aus Wermut – oder pelin, wie er hier heißt. Der Name selbst verrät schon alles: Pelinkovac bedeutet nichts anderes als „Wermutschnaps“. Früher war das ein Heilmittel. Gegen Fieber, gegen Magenleiden, gegen alles, was der Körper aushalten musste.
Es ist einer jener alten, dunklen Kräutertrünke, die irgendwo zwischen Medizin und Ritual liegen. Ein Getränk, das man nicht einfach trinkt, sondern aushält – und das einem danach eigenartig klar vorkommt.
Orahovac dagegen ist das Gegenteil. Süß, rund, fast schwer. Er wird aus grünen Walnüssen gemacht, die im Frühsommer gepflückt werden, wenn die Schale noch weich ist. Auch hier steckt die Bedeutung im Wort: orah heißt „Walnuss“ – Orahovac also schlicht „Walnusslikör“.
Die grünen, unreifen Walnüsse legt man in Schnaps ein, zusammen mit Zucker, Zimt, Vanille, manchmal Orangenschale. Dann stellt man das Glas in die Sonne und wartet. Wochenlang, bis die Flüssigkeit fast schwarz geworden ist. Es ist ein Getränk, das aus Zeit entsteht – und aus Geduld.
Beide Schnäpse haben ihren festen Platz auf dieser Insel. Sie sind nicht Mode, nicht Folklore. Sie gehören einfach dazu.
Früher hat fast jede Familie ihren eigenen Pelinkovac angesetzt, nach einem Rezept, das von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Er steht für die kargen, windigen Hänge, für den Geruch von Salbei und Wermut, für das Harte und Klare dieser Landschaft. Vielleicht gefällt uns das so sehr, weil es genau zu dieser Insel passt. Auch hier entsteht alles aus dem, was da ist – Stein, Sonne, Wind, Zeit.
Und irgendwo in jedem Dorf stand ein Glas mit grünen Walnüssen in der Sonne – der künftige Orahovac. Er gehört zu den stilleren Dingen, süß und dunkel, wie der Schatten an einem heißen Tag. Auch er erzählt von Geduld und vom Reifen, vom Vertrauen darauf, dass sich mit der Zeit etwas Gutes ergibt.
Beide Getränke tragen etwas davon in sich: das Bittere und das Süße, das Aushalten und das Reifen. Zusammen erzählen sie eine Geschichte von Menschen, die gelernt haben, mit dem zu leben, was sie haben.
Habt ihr auf euren Reisen auch solche stillen Spezialitäten entdeckt? Vielleicht ein Getränk, das euch an eine bestimmte Landschaft erinnert?
Morgen verlassen wir Hvar und fahren weiter nach Montenegro – genauer gesagt zur Bucht von Kotor, dem südlichsten Fjord Europas. Die Sonne scheint im Moment noch, als wüsste sie nicht, dass eine ganze Menge Regen unterwegs ist. Vielleicht sehen wir von Montenegro also gar nicht viel …
Wir posten hier sehr unregelmäßig – je nachdem, wie viel Zeit uns bleibt und ob es etwas gibt, das sich erzählen lässt. Es kann also sein, dass ihr mal zwei Wochen nichts von uns hört. Oder aber, wie jetzt, fast täglich.




Oh, supi. Freu mich über eure Nachricht. Ich habe gleich an den Ouzo gedacht, den es in Griechenland auf der Insel Kos gab, zu jeden Mittagessen. Und hier auch beim Griechen.
Weiterhin viel Freude beim erkunden der Welt und das ihr uns teilhaben lasst. Supi. Alles Gute euch Vieren. Eure Marlis und Jürgen sowie Kinder.
Den grünen Nussschnaps kenn ich. Wollt ich auch schon immer machen. Naja. Habe gerade Quitten angesetzt.
Gute Weiterfahrt euch.